5 Ansätze zur Innovationsförderung im Handel und der Produktion

| PLM | Retail | Food industry
Geschrieben von: Benoit Gruber

aber auch der Brexit sowie Zolltarife und Handelskriege haben eine äußerst komplexe Situation herbeigeführt. Sowohl aufstrebende Marken als auch etablierte Einzelhändler mussten ihre Geschäftsstrategien für das Jahr 2020 radikal überarbeiten, um sicherzustellen, dass sie den überraschenden Start in das neue Jahrzehnt überstehen.

Trotz der aktuell unübersichtlichen Lage bleibt ein Gefühl der Hoffnung, denn neue Möglichkeiten beleben Einzelhandel und Produktion. So hat die Pandemie zum Beispiel zu einer erhöhten Nachfrage nach Lebensmittel- und Apothekenprodukten geführt, da die Verbraucher die Sicherheit lebenswichtiger Güter suchen. Außerdem wird öfter zu Hause gekocht, wodurch der Bedarf an Grundnahrungsmitteln angestiegen ist.

Um diese beispiellose Phase in der Geschichte des Einzelhandels zu bewältigen, sind Veränderungen gefragt und Händler erkennen, dass der Status quo keine Option mehr ist, um wirtschaftlich zu bestehen. Unternehmen sehen in der verbesserten Zusammenarbeit einen pragmatischen Weg, um die heutigen Hindernisse zu überwinden und sich an die Bedürfnisse der Verbraucher anzupassen.

1. Effizienzsteigerung durch Digitalisierung

In der Vergangenheit ging der Produktentwicklungsprozess oftmals mit Redundanzen, Fehlern und Effizienzverlusten einher, wodurch Zeit und Ressourcen verschwendet wurden. Traditionell verwaltete der Leiter der Produktentwicklung hunderte von papierbasierten Produktspezifikationen manuell, so dass für jede Spezifikation pro Jahr mehrere Audits und Aktualisierungen erforderlich waren.
Selbst kleinste Änderungen an den Spezifikationen hatte zur Folge, dass unzählige Dokumente durchsucht werden mussten, was die Markteinführung neuer Produkte verlangsamte und der Verwaltung bestehender Produktreihen Ressourcen entzog. In unserer kürzlich durchgeführten Umfrage „12 Fakten über den Erfolg von Handelsmarken“ gaben 75 Prozent der Einzelhändler und Lieferanten an, dass sie zum Informationsaustausch nach wie vor eine Reihe allgemeiner Tools wie E-Mail und Tabellenkalkulationen verwenden.

In den vergangenen Jahren haben technologische Entwicklungen dazu beigetragen, dass Einzelhändler und Hersteller diese Kommunikations- und Organisationsschwierigkeiten lösen konnten. So wurde internen Teams und externen Handelspartnern eine effektivere Zusammenarbeit ermöglicht. Durch die digitale Speicherung und Weitergabe von Informationen waren Hersteller und Einzelhändler beispielsweise in der Lage, Produktinformationen umgehend nachzuverfolgen und weiterzugeben, ohne Unmengen papierbasierter Unterlagen durchsuchen zu müssen.

Durch das Coronavirus mussten die Verbraucher online bestellen. Nun benötigen die Lieferketten einen digitalen Ansatz, um mit diesem weltweiten Trend Schritt halten zu können.


Häufig verwenden die Hersteller ähnliche Spezifikationen für Ihre Produktlinien. In Online-Systemen können diese Informationen einfach und effektiv repliziert werden, wodurch sich Zeit und Aufwand verringern. Die Automatisierung hilft den Herstellern, Zeit zu gewinnen, um mehr Produkte für verschiedene Einzelhändler gleichzeitig zu entwickeln. Ebenso verringert sich das Risiko menschlicher Fehler, indem die manuelle Dateneingabe minimiert wird.

Da durch die Coronavirus-Pandemie immer mehr Verbraucher und Unternehmen gezwungenermaßen online agieren, liegt es nahe, dass sich Produktentwicklungsteams aus Effizienzgründen für digitale Lösungen entscheiden, um mit diesem globalen Trend mitzuhalten. Die Pandemie führte bei Carrefour beispielsweise zu einem Anstieg von 59 Prozent der Online-Neukunden. Da sich die Verbraucher zwecks Bedarfsdeckung dem E-commerce zugewandt haben, verdreifachte sich der Umsatz von Carrefour Brasil in diesem Bereich innerhalb eines Monats.

2. Silodenken zerschlagen zwecks besserer Teamkommunikation

Die Verwaltung eines Handelsmarken-Portfolios kann Hunderte von Produkten umfassen und zu einer erhöhten Komplexität führen, da für jeden Artikel eine gesonderte Produktspezifikation erforderlich ist. Aus diesem Grund entscheiden sich immer mehr Produktentwicklungsteams dafür, über Online-Lösungen zusammenzuarbeiten. So können ganz transparent und in Echtzeit Produktpaletten geändert sowie Produktspezifikation aktualisiert werden. Durch diese effizientere Kommunikation lässt sich die Markteinführung neuer Handelsmarkenprodukte beschleunigen.

Mithilfe digitaler Tools ist es sogar möglich, Konflikte besser zu lösen. Bei Meinungsverschiedenheiten zwischen Einzelhändlern und Herstellern konnte es in der Vergangenheit zu einem Produktionsstopp und einer Verlangsamung der Produktentwicklung kommen. Da Hersteller oftmals parallel mit mehreren Einzelhändlern über verschiedene Produktsortimente hinweg zusammenarbeiten, kann es vorkommen, dass die Produktivität durch die Kommunikation oder Verhandlung von Produktänderungen beeinträchtigt wird.

Angesichts der zunehmenden Nutzung von Cloud Computing können Einzelhändler, Hersteller, Druckereien und Designer nun gleichzeitig auf der Grundlage gleicher Produktspezifikationen arbeiten und alle Änderungen protokollieren. Dadurch wird eine stärkere Sichtbarkeit, größere Verantwortlichkeit und ausgeprägtere Kommunikationseffizienz für Teams erreicht. Durch die Einführung von Online-Systemen ist es Einzelhandelsunternehmen gelungen, sich von einzelnen funktionalen Silos in Teams zu verwandeln, die alle auf eine einzige Produktinformationsquelle zugreifen.

3. Die Wünsche der Verbraucher erfüllen

Um die Verbraucher durch innovative Produkte zu begeistern, haben immer mehr Einzelhändler in ihre Handelsmarkenstrategien investiert. Auf diese Weise wollen sie von ihrem Markenimage profitieren, ihr Angebot differenzieren und eine stärkere Kundenbindung sowie höhere Gewinnspannen erzielen. Das ist durchaus möglich, zumal Handelsmarken zu begehrten Marken avanciert sind. Untersuchungen belegen, dass Verbraucher, über alle Generationen und Einkommensgruppen hinweg, Handelsmarkenprodukte erwerben. Gegenwärtig kaufen 99,9 Prozent der Konsumenten Handelsmarken.

Bei der Entwicklung neuer Handelsmarkenprodukte müssen die Einzelhändler und Hersteller auch mit Verbrauchern in Kontakt treten. Nur so können deren immer vielfältigere geschmackliche Vorlieben und Ernährungswünsche nachvollzogen und einbezogen werden. Auf diese Weise bleiben die Einzelhandelsunternehmen und ihre Lieferketten weiterhin relevant – insbesondere in der umkämpften Lebensmittelbranche.

Tesco und Sainsbury's haben beispielsweise eigene Produktlinien veganer Artikel auf den Markt gebracht, um den britischen Verbrauchern eine größere Auswahl zu bieten, zumal der Absatz fleischloser Alternativen um 25 Prozent gestiegen ist. Die spanische Supermarktkette Mercadona nahm in Portugal zwei neue Biermarken in ihr Sortiment auf, um dem Anspruch portugiesischer Verbraucher nach Produkten, die zu 100 % natürlich und frei von Zusatzstoffen sind, Rechnung zu tragen.

4. Verbraucherschutz – und Markenintegrität

Eine verbesserte Zusammenarbeit über die gesamte Lieferkette hinweg kann auch den Verbrauchern zugute kommen und Unternehmensrisiken mindern. Beispielsweise war die Lebensmittelindustrie mit vertrauensschädigenden Skandalen, wie nicht deklarierten Allergenen und Lebensmittelrückrufen , konfrontiert. Ein schlecht gemanagter Rückruf kann schwerwiegende Folgen haben, die von Umsatzeinbußen bis hin zum Verlust von Menschenleben reichen. Um die Verbraucher zu schützen, müssen sowohl Einzelhändler als auch Hersteller sicherstellen, dass sie Produktrückrufe umgehend managen und betroffene Produkte innerhalb weniger Stunden, und nicht etwa Tagen, aus den Regalen der Geschäfte und aus E-Commerce-Bestellungen entfernen können.

Durch Kollaborationstools kann das Risiko ähnlicher Szenarien mit potenziell schädlichen Produkten gemindert werden. Betrachten wir ein Beispiel, in dem eine bestimmte Lebensmittelzutat Gegenstand eines Rückrufs war. Wenn Hersteller diese Zutat in verschiedenen Produkten verwenden, können sich ihre Teams mithilfe eines Online-Systems einen vollständigen Überblick darüber verschaffen, welche Produkte betroffen sind und welche Einzelhändler diese Produkte verkaufen. Dank kooperativen Online-Tools können Einzelhändler und Hersteller schnell Informationen austauschen, betroffene Produkte identifizieren und diese schneller zurückrufen, um die Sicherheit der Verbraucher zu gewährleisten und den Ruf und das Vertrauen der zu schützen.

5. Abfallvermeidung bei Einzelhandelsprozessen

Durch die Zusammenarbeit der Produktteams ist eine Effizienzsteigerung möglich, indem Prozesse optimiert und so Zeit gespart und Kosten gesenkt werden. Angesichts der schwierigen globalen Wirtschaftslage ist das Thema Kosteneffizienz wichtiger denn je. Die diesjährige dramatische wirtschaftliche Umstrukturierung beinhaltet eine weltweit steigende Arbeitslosigkeit, die sich in einem geringeren verfügbaren Einkommen für die Verbraucher niederschlägt.

Laut Nielsen führen wirtschaftliche Einbrüche dazu, dass „Handelsmarken

weltweit über verschiedene Wachstumsmöglichkeiten verfügen.“

Während der Rezession 2008 hat sich gezeigt, dass eine schwierige Wirtschaftslage die Verbraucher dazu veranlasst, preiswertere Produkte zu kaufen. Dieser Wirtschaftsabschwung „radierte, über Jahrzehnte erreichte Fortschritte im Bereich des materiellen Wohlstands, aus“ – insbesondere im Hinblick auf sensible Gruppen wie ältere Menschen. Die Nachfrage nach erschwinglichen Produkten bietet den Einzelhändlern massive Chancen, sich auf preisgünstige Handelsmarkensortimente zu konzentrieren.

Durch Handelsmarken haben die Einzelhandelsunternehmen eine größere Kontrolle über die Wirksamkeit ihrer betrieblichen Abläufe und Kosten. Zudem können die Unternehmen Einsparungen an die Verbraucher weitergeben. Es kann sich auszahlen, den Kunden möglichst viel für ihr Geld zu bieten. Der deutsche Discounter Aldi wurde beispielsweise mit Hunderten von Preisen für seine innovativen Handelsmarken ausgezeichnet – unter anderem für preiswerte Sortimente, die beispielsweise Käse oder Whiskey umfassen.

Innovative Ansätze: Zeit für einen florierenden Einzelhandel und erfolgreiche Produktionen

Da das Jahr 2020 das Leben von Verbrauchern und Unternehmen grundlegend verändert hat, wird nun immer mehr Einzelhändlern bewusst, dass eine Umstellung nicht länger optional ist. Nur wenn eine ernsthafte Bereitschaft zur Zusammenarbeit innerhalb eines Betriebs und über die gesamte Lieferkette hinweg gegeben ist, können Unternehmen schwierige Situationen überstehen und relevant bleiben. Kollaborationen ermöglichen es Einzelhändlern und Herstellern, ihre Prozesseffizienz, Anpassungsfähigkeit und Markteinführungsgeschwindigkeit zu optimieren, um innovative Produkte zu liefern, die dem vielfältigen Bedarf der Verbraucher gerecht werden.