Covid 19 Resilience DE

Stabilisierung des weltweiten Einzelhandels angesichts von COVID-19

| Corporate responsibility | Private label | Food industry
Geschrieben von: Benoit Gruber

Allein im April brachen die Einzelhandelsumsätze in den USA um 16,4 Prozent ein.[i] In Europa haben Einzelhändler nach Angaben von Experten in den 6 Wochen bis zum 21. April aufgrund der, durch den Ausbruch des Coronavirus, verursachten Beeinträchtigungen 4,15 Milliarden US-Dollar an Gewinnen verloren. Schätzungen zufolge hat Deutschland in diesem Zeitraum einen Verlust von 926 Millionen US-Dollar hinnehmen müssen.[ii]

Dennoch hat sich die weltweite Einzelhandelsbranche angesichts von Restaurant- und Ladenschließungen sowie der mehr als eine Milliarde Verbrauchern, die sehr viel Zeit zu Hause verbracht haben, als unverzichtbar erwiesen. Unternehmen bietet sich nun die großartige Gelegenheit, das Vertrauen der Kunden durch die Anpassung an neue Konsumtrends zurückzugewinnen.

Lebensmitteleinzelhändler und Hersteller von Konsumgütern haben beispielsweise davon profitiert, dass Gerichte zunehmend zu Hause zubereitet wurden. So ist der Absatz von Lebensmitteln und Getränken zwischen Dezember 2019 und März 2020 um 33 Prozent gestiegen. In den USA haben sich zwischen 61 und 118 Milliarden US-Dollar an Lebensmittelverkäufen von Restaurants zu Lebensmittelgeschäften verlagert. Das entspricht Umsatzsteigerungen von bis zu 62 Prozent im Quartal und 15 Prozent für das Geschäftsjahr.[iii] Nun sind 35 Prozent der Lebensmittelausgaben (weltweit mehr als 2,5 Billionen Dollar) verfügbar, da Verbraucher zu Hause speisen, online einkaufen und neue Produkte entdecken.[iv]


Durch COVID-19 verändern sich die Einkaufsgewohnheiten

Durch die Corona-Krise hat sich das Verbraucherverhalten grundlegend verändert. Ende Februar begannen die Menschen, die Bedrohung durch COVID-19 ernst zu nehmen. Während der Anfangsphase der Pandemie stockten verunsicherte Verbraucher fieberhaft ihre Vorräte an Lebensmittel-, Apotheken- und Körperpflegeprodukten auf. Dies führte zu Vertriebsproblemen und Umsatzeinbußen aufgrund von Produktengpässen.[v] Zu Beginn der Corona-Krise schwankte die Nachfrage nach Produkten wie Handdesinfektionsmittel, Toilettenpapier, Hefe und Mehl erheblich. Dadurch kam es zu einer Überlastung der Lieferkette des Einzelhandels.

Zum Schutz ihrer Gesundheit bleiben Verbraucher auf der ganzen Welt häufiger zu Hause und kaufen seltener ein. Infolgedessen werden bei einem Einkauf größere Mengen erworben – durchschnittlich 65 Prozent mehr als vor dem Lockdown.[vi]

 

"Bei einem Einkauf werden größere Mengen erworben –
durchschnittlich 65 % mehr als vor dem Lockdown.[vii]

 

Zu den wichtigsten Verbrauchertrends während der Pandemie zählen:

Online-Handel: Gemäß einer weltweiten Studie hat ein Drittel der Haushalte während des Lockdowns verstärkt online eingekauft. Ein Drittel gab zudem an, dass die eigenen Online-Einkäufe in Zukunft zunehmen werden.[viii] Laut einer US-amerikanischen Studie machten Erstnutzer des Online-Handels 41 Prozent der Online-Lebensmittelkäufer während der Pandemie aus.[ix]


Preisbewusste Käufer:
Zwischen April und Mai stieg die Anzahl der Verbraucher, die angeben, stärker auf die Preise achten zu wollen, von 59 auf 68 Prozent. Spontane Ausgaben werden zurückgehen, da immer mehr Menschen aufgrund von Arbeitsplatzverlusten und engeren Budgets bewusst Geld sparen – auch, weil das Ende der Pandemie nicht absehbar ist.[x]

Einkauf regionaler Produkte:
Inzwischen bevorzugen weltweit immer mehr Verbraucher regionale Erzeugnisse. Zwei Drittel der Teilnehmer an einer Umfrage aus dem Jahr 2020 gaben an, dass sie es vorziehen, Waren aus ihrem eigenen Land zu kaufen. Dies galt insbesondere für Verbraucher aus China, Italien, Südkorea und Spanien.[xi] Accenture weist auf die wachsende Nachfrage nach regionalen und handgefertigten Produkten sowie auf den Wunsch hin, Geschäfte vor Ort zu unterstützen.[xii]

Reaktionen des weltweiten Einzelhandels auf COVID-19

Die Einzelhändler haben ihre Arbeitsabläufe auf unterschiedliche Art und Weise an die Pandemie angepasst. Beispiele hierfür sind „Bordsteinlieferungen“ bei Aldi, Micro-Fulfillment-Zentren bei Kroger, 3D-Bildgebungssysteme zur Personenzählung bei Tesco, strikte Hygienevorschriften bei Carrefour, bargeldloses Bezahlen bei Mercadona und sogar der Einsatz von Robotern im Laden zur Förderung der Abstandseinhaltung bei Edeka.[xiii]

Unterdessen investieren immer mehr Konsumgüterhersteller in D2C-Strategien (Direct-to-Consumer), um Produkte direkt an die Verbraucher zu liefern. Die D2C-Online-Verkäufe in den USA könnten in diesem Jahr durch die Pandemie um mehr als 24 Prozent zunehmen.[xiv]

Dennoch bestehen nach wie vor Cashflowprobleme. Nur wichtige Einzelhändler im Lebensmittel- und Apothekensektor durften während der gesamten Pandemie geöffnet bleiben. Andere mussten ihre Geschäfte schließen, sodass ihnen wichtige Einnahmen entgingen. Infolgedessen haben sich Einzelhandelsunternehmen verschiedener Vertriebskanäle an ihre Lieferanten gewendet, Lieferungen storniert und um längere Zahlungsfristen gebeten.[xv] 

 

Anfang März verzeichneten nahezu 75 Prozent der Unternehmen Lieferkettenunterbrechungen aufgrund von Transportbeschränkungen im Zusammenhang mit COVID-19. Die Gründe dafür waren unter anderem Produktionsverzögerungen, längere Vorlaufzeiten, mangelnde Transparenz von Seiten der Lieferanten sowie Beschaffungsprobleme.[xvi]


Auch derzeit wirkt sich die Unterbrechung der Lieferkette aufgrund von Veränderungen hinsichtlich der Verbrauchernachfrage, der Materialien und der Lieferungen noch auf den weltweiten Einzelhandel aus. Siloartige, heterogene und manuelle Kommunikationsprozesse verhinderten den zeitnahen Austausch wichtiger Informationen zwischen den internationalen Teams und Lieferketten.


"Die Einzelhändler der Lebensmittelbranche müssen jetzt
mutig neue Maßnahmen ergreifen, wenn sie die Krise erfolgreich bewältigen möchten".
~ Boston Consulting Group[xvii]


Trotz des Anstiegs von Online-Bestellungen sind beispielsweise nach wie vor Lieferengpässe im Einzelhandel zu verzeichnen. Am 3. Juni lagen die prozentualen Engpässe für wichtige Artikelpositionen im Online-Handel laut Euromonitor International bei:

  • 22 % in Kanada
  • 16 % in Irland
  • 12 % in Spanien
  • 11 % in den USA
  • 10 % im Vereinigten Königreich
  • 10 % in Frankreich
  • 10 % in den Niederlanden
  • 9 % in Deutschland
  • 9 % in Italien
  • 7 % in der Schweiz

Laut McKinsey nahm die Anzahl der Transaktionen im italienischen Online-Handel von Februar bis Ende April um 81 Prozent zu, da während des Lockdowns mehr Verbraucher auf Online-Einkäufe angewiesen waren, um ihren Bedarf zu decken.[xviii] Trotzdem gingen die Einzelhandelsumsätze in Italien um bis zu 40 Prozent zurück, und die wieder geöffneten Geschäfte sahen sich mit großen Lagerbeständen an unverkauften Waren konfrontiert. Zudem war in der Tourismusbranche keine Aktivität zu verzeichnen, die eine Umsatzsteigerung hätte bewirken können.[xix]

Weltweite Trends im Einzelhandel 2020

Um mit den Folgen von COVID-19 auf Unternehmensgeschehen und Verbraucherverhalten umzugehen, passen sich weltweit immer mehr Einzelhändler und Hersteller den folgenden Trends an:

Digitalisierung: Um für einen zeitnahen Aufschwung des Einzelhandels zu sorgen und Lieferengpässe zu vermeiden, empfiehlt Bain & Company Unternehmen, die Digitalisierung gemeinsam mit Partnern der Lieferkette proaktiv einzusetzen. Dadurch sollen operative Stabilität, Skalierbarkeit und Geschwindigkeit erhöht werden.[xx] Einzelhandelsunternehmen, die sich während des Lockdowns als flexibel erwiesen haben, waren im Hinblick auf die Anpassung an neue Verbrauchertrends am erfolgreichsten. Experten warnen entsprechend davor, dass Einzelhändler oder Hersteller, die nur langsam auf die Online-Verlagerung reagiert haben, das Nachsehen haben werden.[xxi]

Zusammenarbeit:
Die Zusammenarbeit zwischen Einzelhändlern und Herstellern ist jetzt entscheidender denn je, um Produkte schneller liefern und auf den Bedarf der Verbraucher reagieren zu können.19 Laut Bain sind die Ausgaben von Unternehmen für Kollaborationstools als direkte Folge von COVID-19 um 48 Prozent gestiegen. Dies sei darauf zurückzuführen, dass „Kollaborationstools oft effizienter sein können, als erst mit dem Flugzeug zu einer Besprechung zu fliegen.“[xxii] [xxiii] Durch eine engere Zusammenarbeit wird der Informationsaustausch zwischen den Lieferketten gefördert, um die Teams aufeinander abzustimmen und die Einzelhandelsprozesse zu optimieren. Dadurch können Einzelhändler und Hersteller dazu beitragen, dass die Verbraucher mehr Vertrauen in die Zuverlässigkeit der Lieferkette haben.

Einkauf regionaler Produkte: Um der Verbrauchernachfrage nach Inlandsprodukten gerecht zu werden, können Einzelhändler mit lokalen Konsumgüterherstellern zusammenarbeiten, lokale Waren und Beschaffungsquellen fördern, ihre Sortimente an den regionalen Bedarf anpassen und ihr Marketing regional ausrichten.[xxiv] Außerdem können die Hersteller mehr Rohstoffe und Verpackungspartner aus dem Inlandsmarkt beziehen.[xxv]


Handelsmarken:
Verbraucher haben zunehmend Bedenken hinsichtlich ihrer Gesundheit und finanziellen Lage. Daher können sich Einzelhändler durch ein differenziertes Handelsmarkensortiment, das dem Wunsch der Kunden in Bezug auf Mehrwert, Ernährung und Gesundheit entspricht, Marktanteile sichern.[xxvi] Durch Handelsmarken erhalten die Unternehmen auch mehr Kontrolle über ihr Sortiment und können sowohl den preisbewussten als auch den weniger preisbewussten Käufern einen Mehrwert bieten.[xxvii]


Zweck:
Während der Pandemie haben viele Einzelhändler größere Änderungen vorgenommen, um einem höheren Zweck zu dienen: In Großbritannien hat IKEA einen Parkplatz in eine Testeinrichtung für medizinisches Personal umfunktioniert. Das große spanische Bekleidungsunternehmen Inditex, zu dem Zara gehört, hat seine Produktion auf die Herstellung von Krankenhaushemden umgestellt. Die französische Luxus-Ikone LVMH hat kostenlos Handdesinfektionsmittel für europäische Krankenhäuser hergestellt und Beatmungsgeräte gekauft, die an französische Krankenhäuser geliefert wurden.[xxviii] Selbstlose Maßnahmen kommen bei den Kunden gut an, da sie zeigen, dass die Menschen wichtiger sind als der Umsatz.

 

Gemeinsam voran
Angesichts der Erholung des globalen Einzelhandels von den tiefgreifenden Veränderungen, die durch COVID-19 ausgelöst wurden, dienen diese Trends für das Jahr 2020 Einzelhändlern und Herstellern als Orientierungshilfe für die Planung ihres weiteren Vorgehens. Durch die Anpassung an diese Verbrauchertrends und Marktgegebenheiten können Unternehmen effizienter, flexibler und einheitlicher handeln. Eine, auf Zusammenarbeit ausgerichtete, Denkweise kann dazu beitragen, dass sich Lieferketten schnell an veränderte Kaufgewohnheiten der Verbraucher anpassen können. So lässt sich die Effizienz der Lieferkette steigern.

Trace One unterstützt in dieser schwierigen Zeit Einzelhändler und Marken weltweit, indem es sie dazu befähigt, als Kooperationspartner zusammenzuarbeiten. Dank der Lösungen von Trace One können Einzelhandelsunternehmen besser auf die Auswirkungen von COVID-19 reagieren. Auf diese Weise können Einzelhändler beispielsweise schnell neue zuverlässige Lieferanten finden und effektiv mit diesen kommunizieren, um Lieferkettenprobleme zu bewältigen und für mehr Stabilität und Agilität zu sorgen. Außerdem haben die Lieferanten die Möglichkeit, dank einer einfachen Online-Product-Discovery neue Kunden zu gewinnen. Sowohl Einzelhändler als auch Lieferanten können effizienter zusammenarbeiten, um die Zeit bis zur Markteinführung zu verkürzen und ein besseres Kundenerlebnis zu ermöglichen, durch das das Vertrauen der Verbraucher wiederhergestellt und ihre Treue gefestigt wird.


[i] Reinicke, Carmen. US retail sales plunged an unprecedented 16.4% in April, roughly double the prior record. Business Insider. 15. Mai 2020.

[ii] Sabanoglu, Tugba. Coronavirus in Europe: impact of lost sales for retailers March-April 2020. Statista. 27. Mai 2020.

[iii] Springer, Jon. Coronavirus Sales Boom Could Be Short-Lived and Costly, Analyst Warns. Winsight Grocery Business. 16. März 2020.

[iv] Biggs, Chris, Khaled Tawfik , Ameya Avasare, Henry Fovargue, Dewang  Shavdia und Gavin Parker. The $2.5 Trillion Opportunity for Grocers That Are First to the Future. Boston Consulting Group. 19. Mai 2020.

[v] Viswanathan, Venkat. Will This Crisis Change The World Of Grocery Shopping Forever? Forbes. 3. Juni 2020.

[vi] Advancing in the Next Normal: How the FMCG industry can prepare for lasting changes. IRI. Mai 2020.

[vii] Advancing in the Next Normal: How the FMCG industry can prepare for lasting changes. IRI. Mai 2020.

[viii] Yining, Ding. Retail rules rewritten as consumer trends change. Shine. 3. Juni 2020.

[ix] Biggs, Chris, Khaled Tawfik , Ameya Avasare, Henry Fovargue, Dewang  Shavdia und Gavin Parker. The $2.5 Trillion Opportunity for Grocers That Are First to the Future. Boston Consulting Group. 19. Mai 2020.

[x] Yining, Ding. Retail rules rewritten as consumer trends change. Shine. 3. Juni 2020.

[xi] Yining, Ding. Retail rules rewritten as consumer trends change. Shine. 3. Juni 2020.

[xii] COVID-19 will permanently change consumer behavior. Accenture. 28. April 2020.

[xiii] Edeka deploys Pepper robot to combat coronavirus. Retail Technology Innovation Hub. 7. April 2020.

[xiv] Rueter, Thad. Pepsi Launches DTC Sites for Pandemic Shoppers. Progressive Grocer. 11. Mai 2020.

[xv] Unglesbee, Ben. Suppliers are feeling retail's pain, too. Retail Dive. 29. April 2020.

[xvi] COVID-19 Survey: Impacts On Global Supply Chains. Business Facilities. 12. März 2020.

[xvii] Biggs, Chris, Khaled Tawfik , Ameya Avasare, Henry Fovargue, Dewang  Shavdia, und Gavin Parker. The $2.5 Trillion Opportunity for Grocers That Are First to the Future. Boston Consulting Group. 19. Mai 2020.

[xviii] Sneader, Kevin und Shubham Singhal. The future is not what it used to be: Thoughts on the shape of the next normal. McKinsey & Company. 14. April 2020.

[xix] Global green shoots: How retail around the world is beginning to re-emerge. ModernRetail. 1. Juni 2020.

[xx] Saenz, Hernan und Dunigan O'Keeffe. Covid-19: Protect, Recover and Retool. Bain & Company. 10. April 2020.

[xxi] Unglesbee, Ben. Suppliers are feeling retail's pain, too. Retail Dive. 29. April 2020.

[xxii] Heap, Simon, Greg Fiore, David Crawford und Anne Hoecker. Lockdowns Spike Spending on Collaboration and Software Tools. Bain & Company. 3. Juni 2020.

[xxiii] De Vusser, Christophe. How European Private Equity is Taking Coronavirus’ First Punch. Bain & Company. 3. Juni 2020.

[xxiv] COVID-19 will permanently change consumer behavior. Accenture. 28. April 2020.

[xxv] Advancing in the Next Normal: How the FMCG industry can prepare for lasting changes. IRI. Mai 2020.

[xxvi] Biggs, Chris, Khaled Tawfik , Ameya Avasare, Henry Fovargue, Dewang  Shavdia und Gavin Parker. The $2.5 Trillion Opportunity for Grocers That Are First to the Future. Boston Consulting Group. 19. Mai 2020.

[xxvii] Advancing in the Next Normal: How the FMCG industry can prepare for lasting changes. IRI. Mai 2020.

[xxviii] Robles, Maria Coronado. The Rise of “Purpose-Driven” Businesses During COVID-19. Euromonitor International. 1. Juni 2020.